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Expertenbeirat für Programmatic-Zertifikat gewählt; wywy gehört zu TVSquared

ExchangeWire bündelt die wichtigsten Nachrichten aus der Region DACH mit Schlaglicht-Interviews aus der deutschsprachigen Programmatic-Szene. Diese Woche: Nächster Schritt auf dem Weg zum Programmatic-Gütesiegel für Agenturen; TVSquared kauft wywy; Wagawin expandiert nach Asien; und Fünf Fragen an Marius Rausch, AppNexus.

Expertenbeirat für Agentur-Gütesiegel steht

Nach der Vorstellung des BVDW-Zertifikats Programmatic Advertising vor rund zwei Monaten ist der nächste Schritt auf dem Weg zur Agentur-Zertifizierung getan. Der BVDW stellt jetzt den Expertenbeirat vor, der die Bewertung der teilnehmenden Agenturen vornehmen soll. Eric Hall, Stellvertretender Vorsitzender der Fokusgruppe Programmatic Advertising im BVDW: „Mit der Wahl des Beirats konnte der BVDW ein Team aus erfahrenen Experten zusammenstellen, das die Bewerbungen der Programmatic-Advertising-Agenturen sichtet und ausgiebig prüft. So stellen wir sicher, dass das Zertifikat auch garantiert für Transparenz, Standardisierung und Professionalität steht.“

Die 15 Mitglieder des Beirats sind: Gerald Banze (Q division), Christian Griesbach (Teads Deutschland), Torben Heimann (Improve Digital), Mathias Lerche (netpoint media), Siamac Alexander Rahnavard (Echte Liebe), Markus Rehle (Otto Group Media), Julian Simons (mediascale), Georg Steidinger (AOL Germany), Frank Sültmann (Yieldlab) und Jennifer Weltzien (SmartAdServer).

Siamac Alexander Rahnavard, BVDW

„Mit dem Code of Conduct und dem Zertifikat Programmatic Advertising verfügt der deutsche Markt über zwei Produkte, die auch für andere Länder von entscheidender Bedeutung sind“, ergänzt Siamac Rahnavard, ebenfalls Stellvertretender Vorsitzender der Fokusgruppe Programmatic Advertising und betont die Pionierwirkung des Agentur-Gütesiegels: Der deutsche Vorstoß, einen Code of Conduct einzuführen, wird auch außerhalb Deutschlands diskutiert. Das neue Zertifikat für Agenturen bezieht nun ein weiteres Segment des Programmatic Advertising in Deutschland ein, um den Markt mit einer Selbstverpflichtung und einem Qualitätszertifikat zu regulieren und zu professionalisieren.

Die Anmeldefrist zur Zertifizierung von Agenturen läuft am morgigen 22. November 2017 aus.

wywy von TVSquared aufgekauft

So geht ein Markteintritt am einfachsten: Die TV-Analytics- und Optimierungsplattform TVSquared legt sich den deutschen Cross-Screen-Spezialisten wywy zu. Im Zuge der Akquisition eröffnet TVSquared in Büro in München, von dem aus die Kunden in Deutschland und Europa betreut werden sollen.

Mit der Übernahme holt sich TVSquared die Content-Recognition-Technologie von wywy an Bord. Diese soll das Attribution-Angebot von TVSquared aufwerten, indem TV-Echtzeitdaten für die Advertiser zur Verfügung gestellt werden. Calum Smeaton, CEO und Gründer von TVSquared, zu ExchangeWire: „Wywy bringt die Spot Detection auf unsere Plattform, so dass die Nutzer nicht auf Datenquellen von Drittanbietern angewiesen sind (und warten) müssen. Sie haben jetzt Zugriff auf Echtzeit-Daten zur präzisen Erkennung von Spots innerhalb der Plattform, sodass Analysen zu den Datum, Uhrzeit, Sender, Genres, Programme und Creatives möglich sind, die die Reaktion über die diversen Kunden-Touchpoints hinweg fördern - Web, Smartphone, App, Telefon, SMS, usw. Dies reduziert die Zeit für TV-Einblicke erheblich und optimiert die Effektivität und Effizienz der Kampagne.

Für TVSquared ist wywy übrigens die erste Übernahme, so Smeaton weiter: „Die Akquisition bedeutet noch mehr für uns. Seit unserer Gründung in Edinburgh hat sich TVSquared schnell zu einem global tätigen Unternehmen entwickelt. Dies ist unsere erste Akquisition und damit ein wichtiger Meilenstein."

Wagawin expandiert nach Asien

In Asien ist noch einiges drin. Das stetige Mobile-Wachstum auf dem asiatischen Markt zieht nun auch die deutsche Mobile-Plattform Wagawin an. Die Münchner haben jetzt ihre erste internationale Niederlassung eröffnet, und zwar in Singapur.

Aufgabe der neuen Niederlassung: den Markt entwickeln und neue Kontakte schaffen mit Advertisern, Medienagenturen und Publishern in Südostasien. Die Expansion in die asiatischen Märkte verantwortet Clément Simonneau als Sales Director APAC.

„Südostasien ist einer der vielsversprechendsten Märkte, wenn es um mobile Ad Tech geht”, so Nocolas Leonhardt, CEO und Mitgründer von Wagawin. “Die Kombination aus schnellwachsender mobiler Netzwerkabdeckung und der großen Affinität zu mobilen Geräten bietet uns fantastisches Wachstumspotential für unsere LivingAds.” Außerdem bestehe in Asien ein deutliches Interesse an interaktiven und spielbaren mobilen Inhalten.

Die Expansion nach Asien stand für Wagawin schon seit geraumer Zeit auf dem Plan. Bereits mit dem Einstieg verschiedener Angel-Investoren vor zwei Jahren hatte das Unternehmen nach Asien die Fühler ausgestreckt, um sein Business lukrativ zu skalieren.

Fünf Fragen an Marius Rausch, Senior Market Director Central Europe, AppNexus

Hat Header Bidding Deutschland im Sturm erobert?

Marius Rausch, AppNexus

Das kann man schon sagen, wenn auch mit leichter Verzögerung im Vergleich zu den USA. Im BVDW haben wir für ein Whitepaper zum Thema Header Bidding eine Umfrage unter den Top-20-Vermarktern der AGOF durchgeführt. Alle Teilnehmer gaben an, bereits eine Form des Header Biddings in ihrem Unternehmen einzusetzen. Die meisten wollen zudem ihr Engagement in dem Bereich ausbauen. 70 Prozent dieser Vermarkter arbeiten bereits mit mehreren Partnern zusammen. Während aktuell zumeist mit zwei bis vier Partnern zusammengearbeitet wird, planen mehr als die Hälfte der Teilnehmer, die Zusammenarbeit in Zukunft auf fünf bis sechs Partner auszuweiten. Aus unserer Zusammenarbeit mit Publishern kann ich zudem ergänzen, dass mittlerweile alle neuen Implementierungen, die wir machen, Header Bidding beinhalten. Das gilt im Übrigen auch für Mobile Apps.

Wie siehst du die gegenwärtige Diskussion in Sachen First-Price und Second-Price-Auction?

Prinzipiell haben beide Auktionsmethoden ihre Vor- und Nachteile, allerdings war bislang den Einkäufern nicht immer offensichtlich, welche Logik jeweils eingesetzt wurde. AppNexus setzt sich sehr aktiv dafür ein, dass sich das ändert. Beispielsweise senden wir im Open-RTB-Protokoll jeweils ein Signal, ob es sich bei einer Auktion um First Price oder Second Price handelt. Diese Transparenz ist immer ein Vorteil für den Einkauf: Den Tradern sind dann die Regeln der Auktion klar und sie können ihre Gebote entsprechend aussteuern. Gerade im Header Bidding bekommt der Einkäufer so erst die volle Kontrolle über sein jeweiliges Gebot, da bei anderen Auktionstypen die für ihn willkürliche Preisreduzierung durch Second Price dazu führen kann, dass die finale Auktion im Adserver verloren wird, selbst wenn die Bereitschaft mehr zu zahlen gegeben war. Der Schritt zu einer First-Price-Basis erlaubt dem Einkauf, Gebote abzugeben, die im letzten Schritt gewinnen und sich dadurch auch besser optimieren lassen.

Publisher haben die Wahl, transparente First Price- oder Second Price-Auktionen durchzuführen. Das ist eine Alternative zu den vielen Hybrid-Systemen, die aufgrund ihrer Komplexität nicht transparent sind. Mit diesen transparenten Standard-Auktionen werden die Abläufe sowohl für Publisher als auch für Einkäufer vereinfacht, egal ob First oder Second Price und das ist ein Gewinn für alle Marktteilnehmer.

Ist der Schritt zum First-Price-Modell typisch für einen Publisher-dominierten Markt wie Deutschland?

Grundsätzlich empfehlen wir Publishern, die über Header Bidding mit uns arbeiten, First Price einzusetzen: Da die finale Auktion erst im Adserver stattfindet, werden damit sowohl für den Publisher als auch die Einkäufer bessere Ergebnisse erreicht. Unter Publishern findet sich entsprechend eine weite Verbreitung dieser Auktionslogik. Arbeiten Publisher außerhalb von Header Bidding mit uns als Adserver oder über andere Integrationsformen zusammen, sollte das Setup genau überprüft werden. Hier kann es durchaus sinnvoll sein, eine echte Second Price-Auktion zu wählen.

Wird sich das Modell als dominant etablieren?

Gerade in Deutschland sind aber neben den offenen Auktionen im Header Bidding auch Private Marketplaces nach wie vor sehr verbreitet. Hier spielt die Auktionslogik keine große Rolle, solange allen Marktteilnehmern klar ist, um welche Logik genau es sich handelt. Das gilt insbesondere dann, wenn feste Preise verhandelt wurden, sogenannte „fixed price deals“ – ein Dealtyp, der immer stärker eingesetzt wird. Als typisch für Deutschland würde ich insofern weniger die „Dominanz der Publisher“ bezeichnen, sondern eher die Relevanz von Beziehungen und den Wunsch nach Verlässlichkeit bei Preisen. Die nötigen Mittel um dies umzusetzen bestehen heute – auch bei First Price-Auctions.

Welche Auswirkungen wird die Dominanz von First-Price-Auctions haben?

Für die Publisher ergibt sich durch First Price-Auktionen der klare Vorteil, Qualitätsinventar zu angemessenen Marktpreisen verkaufen zu können. Besonders im Header Bidding kam es vermehrt dazu, dass in Vorab-Auktionen der am Header Bidding beteiligten SSPs durch Second Price nicht immer das höchste Gebot auch tatsächlich in der finalen Auktion des Adservers zum Zuge kam. Es ist sicher kein Geheimnis, dass vor allem Google mit der weiten Verbreitung von Doubleclick for Publishers und der integrierten Google Adexchange in der Regel den Vorteil des „Last Look“ hatte – zum Nachteil der Publisher. Wenn alle Auktionen der First Price-Mechanik folgen, gewinnt tatsächlich das höchste Gebot, und die Impressions erzielen den maximalen Ertrag. Und nur durch die optimale Monetarisierung können die Verlage weiterhin qualitativ hochwertige Inhalte liefern. Wie wichtig die Rolle der Premium-Medien nach wie vor ist, sieht man in der aktuellen politischen Lage ja täglich.

Für die Einkäufer ändert sich durch First Price-Auctions unter der Voraussetzung einer transparenten Auktionsmechanik nicht wirklich etwas. Die Gebotsstrategien können, wie gesagt, dann entsprechend der Mechanik angepasst werden. Allerdings geht natürlich das Incentive für Einkäufer verloren, auch wirklich ihre maximale Zahlungsbereitschaft zu zeigen. Ich bin mir daher sicher, dass wir bald schon Mechanismen sehen werden, die im Rahmen von First Price-Auctions zusätzliche Anreize für Einkäufer schaffen.