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Milliarden-Schäden durch Device-ID-Betrug; Coalition Against Ad Fraud

ExchangeWire bündelt die wichtigsten Nachrichten aus der Region DACH mit Schlaglicht-Interviews aus der deutschsprachigen Programmatic-Szene. Diese Woche: Betrugsmasche Device-ID-Fraud; Adjust holt neue Mitglieder in die Coalition Against Ad Fraud; In-App Ad Spend boomt; und Fünf Fragen an Andreas Joebges, RMG.

Device ID Fraud verursacht über 1 Mrd. USD$ Schaden

Der globale Markt für mobile Werbung boomt mit einem Gesamtvolumen von USD$ 99.3 Milliarden, so eine ZenithOptimedia-Prognose. Kein Wunder also, dass dieser Wachstumsmarkt Betrug anzieht, bei dem über das Anzapfen Tausender mobiler Geräte vermeintliche Klicks, Downloads und andere Interaktionen verursacht werden.

Die Betrüger bedienen sich unter anderem des so genannten Device ID Fraud, einer Mobile-basierter Betrugsmasche, die derzeit die Industrie plagt und Schäden im Wert von Milliarden von US-Dollars verursacht. Hierbei wird durch das Zurücksetzen von Geräte-IDs den mobilen Werbetreibenden weltweit ein Schaden von 1,1 bis 1,3 Mrd. USD$ zugefügt. Allein in Deutschland verursacht Device-ID-Fraud den Werbekunde zwischen 40 und 50 Millionen USD$ Schaden.

Überhaupt ist Deutschland laut Studie weltweit eines der am stärksten durch Device ID Reset Fraud betroffenen Länder, gemessen an der Anzahl der gefälschten Downloads und belegt Platz 4 im internationalen Vergleich. Im Hinblick auf den entstandenen wirtschaftlichen Schaden rangiert Deutschland auf Platz 6.

Ben Jeger, AppsFlyer

So ist laut Untersuchung von Attribution-Anbieter AppsFlyer im Rahmen des Beta-Tests der eigenen Anti-Betrug-Lösung Protect360 der Anteil dieser Betrugsaktivität im Bereich Download-Fraud mittlerweile durchschnittlich doppelt so häufig als erwartet: 10% der ad-initiierten App-Downloads seien betrügerisch, so AppsFlyer. „Unsere Technologie ist auf 98 Prozent aller Smartphones weltweit zu finden. Aufgrund dieser Datengrundlage und unserer Position im Markt sind wir überhaupt in der Lage, Betrug durch das Zurücksetzen von Device IDs aufzudecken. Würden wir nicht vier Milliarden Geräte bereits kennen, könnten wir Anomalien durch neue Geräte nicht zuverlässig aufdecken“, erklärt Ben Jeger, Managing Director DACH von AppsFlyer.

Die Apps-Flyer Studie stellt darüber hinaus fest, dass 16 der Top 100 Werbenetzwerke durch Device-ID-Betrug negativ beeinflusst werden, da 20% der von ihnen gelieferten App-Downloads durch das Zurücksetzen von Device-IDs verursacht wurden.

Coalition Against Ad Fraud hat sich formiert

Nach der Ankündigung einer industrievereinigung gegen Ad Fraud Ende vergangenen Jahres geht der Zusammenschluss von Attributionsanbietern und Ad Networks in die Offensive. Unter der Führung von Ad Tech-Dienstleister Adjust haben sich verschiedene Player zusammengeschlossen, um auf der Basis von gemeinsam erarbeiteten Richtlinien Ad Fraud den Garaus zu machen.

Neben Adjust gehören jetzt zu der Initiative AdAction, AdColony, AppLift, Aarki, Dynalyst, Fyber, i-mobile, InMobi, IronSource, Jampp, Liftoff, Nend, Remerge,  Vungle und YouAppi dabei. Die Mitglieder der CAAF wollen dabei klare Verantwortungsstrukturen schaffen und festlegen, wer für Ad Fraud und dessen Verbreitung verantwortlich ist.

So beruft sich die CAAF unter anderem auf die vom IAB und MRC festgelegten Ad-Richtlinien, um betrügerische Anzeigeneinblendungen zu definieren. Auch in Sachen Latenz hat die CAAF eigene Grundlagen geschaffen, auf der Basis Ad Fraud identifiziert - und verhindert werden soll.

Fraud ist systemimmanent in jeglichen Werbe-Ökosystemen, aber lässt sich eindämmen, wenn alle involvierten Partner zusammenarbeiten”, kommentiert Eric Dickender, VP Growth, AdColony. Daher freuen wir uns, mit Adjust gemeinsam an der Verbesserung der Standards zu arbeiten, Transparenz zu erhöhen und letztendlich das bestmögliche Ökosystem für unsere Kunden zu bieten.”

In-App-Werbeausgaben wachsen

In seinem vierteljährlich erscheinenden Global Trends Report stellt Smaato für das zweite Quartal 2017 grundlegende Trends im mobilen Werbemarkt fest. So verlagern sich die Werbeausgaben der Advertiser weiterhin stetig auf mobiles Advertising. In Europa verzeichnet Smaato hier besonders starkes eCPM-Wachstum von 74%.

Die mobilen Werbeausgaben konzentrieren sich dabei eindeutig auf in-App-Werbung, das mit einem Anteil von 94% deutlich über Werbeausgaben für das mobile Web dominiert. In Europa legte dieser Bereich im Jahresvergleich um 12 Prozentpunkte zu: Im zweiten Quartal 2016 lag der Anteil von in-App-Werbausgaben noch bei 83%; im jetzt abgeschlossenen Quartal handelt es sich um einen Anteil von 95%.

Video-Ads sind vor allem bei Gaming-App-Publishern dank des positiven Nutzererlebnisses und der hohen Engagement-Raten beliebt. Hier stiegen vor allem die Ausgaben für Rewarded Video in Gaming Apps, die allein im Zeitraum vom ersten bis zum zweiten Quartal 2017 um rekordverdächtige 242% wuchsen. Damit läuft das Format besser als die Non-Rewarded Interstitials. Auch diese konnten einen Zuwachs feststellen, liegen mit jedoch 74% Wachstum im Zeitraum von Q1 bis Q2 2017 deutlich unter den Rewarded Videos.

Laut einer aktuellen IAB-Studie wollen Advertiser allein im laufenden Jahr mehr als die Hälfte ihres Werbebudgets in Video investieren”, kommentiert Ragnar Kruse, CEO, Smaato. Auf der Basis unserer aktueller Einblicke ist zu erwarten, dass mobile Video seine hohe Wachstumsrate beibehalten und in den nächsten Jahren zum dominanten Medium werden wird.”

Fünf Fragen an Andreas Joebges, CTO, Retail Media Group

Welche Arten von Smart Data nutzt ihr für RMG und woher kommen die Daten?

Welche Daten wir nutzen können, legen unsere Handelspartner selbst fest. Typischerweise erhalten wir Zugriff auf Informationen über gesuchte oder gekaufte Artikelgruppen und Produkte, so lassen sich Rückschlüsse auf Interessen und Vorlieben der Zielgruppen ziehen. Wir kooperieren mit führenden Händlern aus unterschiedlichen Branchen, die uns pseudonymisierte Online- und Offline-Daten zur Nutzung bereitstellen. Dazu gehören unter anderem MediaMarkt, Saturn, Metro, Real und Thalia.

Andreas Joebges, Retail Media Group

Wie werden die Daten analysiert und eingebracht?

Auf Basis der Daten der Handelspartner erstellen wir Zielgruppensegmente, also große Gruppen von Pseudonymen, deren Interessen und Vorlieben sich ähneln. Beispiele für solche Segmente sind zum Beispiel „Schnäppchenjäger“ oder „Young Families“. Für diese Zielgruppen entwickeln wir zielgerichtete Kampagnen mit individuellen Werbemitteln und genau auf ihre Interessen zugeschnittenem Messaging. So können wir gewährleisten, dass Werbung, die ihnen angezeigt wird, auch spannend für sie ist, denn Premium-Shopper wollen beispielsweise anders angesprochen werden als Schnäppchenjäger.

Wie siehst du die Zukunft für Retail-Werbevermarkter angesichts der bevorstehenden Einführung des GDPR?

Wie alle anderen Unternehmen aus der Branche beobachten auch wir aufmerksam die Entwicklungen. Da wir auf Daten unserer Handelspartner zugreifen und selbst keine Daten erheben, ist für uns besonders das Thema Datenverarbeitung spannend. Grundsätzlich sind wir der EU-Datenschutzgrundverordnung gegenüber positiv eingestellt, da sie datengetriebene Geschäftsmodelle für den Konsumenten transparenter macht. Und wenn Konsumenten zukünftig der Vermarktung ihrer Daten aktiv zustimmen müssen, schafft das ein Bewusstsein für Online-Werbung und kommt damit auch der Akzeptanz von Vermarktern zugute. Wir haben uns von unserer Gründung an auf die neue Gesetzgebung eingestellt und lassen unsere internen Prozesse im Hinblick auf Datenschutz und -sicherheit von externen Gutachtern prüfen. Wir wurden auch bereits durch ePrivacy als „GDPR ready“ zertifiziert und sind damit bestmöglich vorbereitet.

Was unterscheidet euer Angebot von dem der Konkurrenz?

Wir sind deutschlandweit die erste Vermarktungsplattform von Handelsdaten, die branchenübergreifende Insights anbietet. Wir begrenzen uns dabei nicht „nur“ auf die Händler aus dem Portfolio von Metro und Ceconomy, sondern kooperieren mit führenden Händlern verschiedener Unternehmensgruppen und Branchen. Wir ermöglichen es Händlern, ihr Datenvermarktungsgeschäft aufzubauen, ohne dabei die Hoheit über ihre Kundendaten abzugeben. Außerdem achten wir darauf, dass unsere Partner, wenn möglich, Multichannel-Händler sind, also über Online- und Offline-Daten verfügen. So können wir die verschiedenen Touchpoints miteinander verknüpfen, was wiederum spannend für unsere Werbekunden ist. Das bietet in der Form kein anderer Marktteilnehmer.

Welche Vorteile bietet Retail Media Werbetreibenden?

Retail Media bietet Einblicke in das Kaufverhalten von Kunden. Search- oder Soical-Daten können ebenfalls spannend sein, um Einblicke in Interessen verschiedener Zielgruppen zu bekommen, sagen aber letztendlich nicht aus, ob ein Produkt auch tatsächlich gekauft wurde. Hier haben Händler einen unschätzbaren Vorteil. Werden dann noch Online- und POS-Daten verschiedener führender Händler aus unterschiedlichen Branchen verknüpft, dann ermöglicht Retail Media Werbetreibenden außergewöhnlich gute Möglichkeiten der Zielgruppenansprache.